Wow, die Saison 2020 hat es bisher wahrlich in sich. Wir haben Mitte Juli und blicken bereits zurück auf drei harte Rückschläge und einen (Mini-)Shitstorm. Liebe Barfußfreunde, glaubt uns, in den letzten Tagen haben wir uns das ein oder andere Male nach Zeiten zurückgesehnt, in denen schlechtes Wetter unser größtes Problem war. Oder, dass im Café die leckere Quiche schon nachmittags aufgefuttert war. Mittlerweile sind wir Hygiene- und Sicherheitsspezialisten, Rindenmulch-Connoisseure und Raupen-Kenner. Wie das passiert ist? Wir fassen zusammen.
Tagebuch einer Saison der komplexen Herausforderungen
April:
Eine Pandemie durchkreuzt auch unsere Pläne. Ganz Deutschland befindet sich im Lockdown. Auch als Naturerlebnispark auf einem Gartendenkmal mitten in der Natur auf einem mit 15 Hektar sehr weitläufigen Gelände, sind wir von den Sonderverordnungen betroffen. Gebunden an behördliche Verpflichtungen und dem Wohle unserer Gäste verpflichtet, öffnen wir (statt wie geplant zu Ostern 2020) unsere Gastronomie im Park zum 15. Mai, den Park zum 16. Mai 2020.

Heike und ihre Kolleg*innen im Barfußpark sind bereit. Das neue Schutz- und Hygienekonzept steht, die Munaske sitzt, los geht’s!
Mai:
Juhu, endlich ist der Park geöffnet. Jetzt geht’s los. Sieben Tage die Woche. Bis Oktober. Alle sind hoch motiviert. An einigen Tagen sind die Schlangen an Kasse und Café zwar länger als in vor-pandemischen Zeiten bei gutem Wetter und wir sind unseren Gästen dankbar für entsprechend mehr Geduld, doch wir schwingen uns gut ein. Leider verzögert sich umständehalber auch die Fertigstellung der hellblauen Route und des kleinen zusätzlichen Wald-Cafés Waldemar’s Inn, die ursprünglich zu Saisonbeginn geplant war.

Die ersten glücklichen Besucher der corona-bedingt arg verspäteten Saison 2020 – Axel und Gérome aus Berlin.
Juni:
Die Wetterlage ist und bleibt trocken. Auf einmal häufen sich Rückmeldungen von Gästen, die nach dem Begehen der Wege über Missempfindungen an den Füßen klagen. Lästig, schmerzhaft, ärgerlich. Wir sind bestürzt. Denken zuerst, es liegt an der Trockenheit. Wässern, wo möglich, tanzen für Regen. Es wird besser, dann wieder schlechter.
Wir betreiben Ursachenforschung, untersuchen den Rindenmulch und stellen fest: Nicht die Trockenheit allein entscheidet über das (Un)Wohlsein, sondern das uns für teures Geld gelieferte Material ist schlichtweg nicht, was wir bestellt hatten und benötigt hätten.
Es nützt nichts, wir müssen umgehend handeln. Investieren zum zweiten Mal in dieser verkürzten Saison in neuen Bodenbelag und unser Parkpflege-Team muss die gesamten 3.1 Kilometer Wegstrecke freikratzen. Zur Sommersonnenwende ist es soweit, das neue Material wird auslegt. Es ist aus Cocopeat und anderen Naturfasern und schmusig weich. Die Reaktionen sind durchweg positiv, man liefe wieder wie auf Wolken. Wir sind happy. Jetzt, denken wir, wird’s endlich und trotz Corona rundum schön.
Auch das Waldemar’s Inn ist mittlerweile geöffnet und unser freundliches Waldwesen freut sich sehr über die zahlreiche Gesellschaft. Die letzten Stationen der hellblauen Route, die unser Partner, die Stiftung Mensch, für uns herstellt, kann hoffentlich noch im Juli offiziell eingeweiht werden.

Unser freundlicher Waldriese ist unter die Cafébetreiber gegangen. Unter dem Namen Waldemar’s Inn begrüßt er alle seine Freunde – und alle, die es werden wollen.
Juli:
Der Juli ist da. Die Sommerferien auch. Noch mehr Berliner und Brandenburger als sonst verbringen ihren Urlaub in diesem Jahr in ihrer (Wahl)Heimat und genießen die Nähe des Barfußparks Beelitz zu Potsdam und Berlin als perfektes Ziel für einen Tagesausflug. Gerade in Kombination mit dem benachbarten Baumkronenpfad Baum & Zeit (es gibt für Einzelpersonen, Familien und Gruppen preisreduzierte Kombitickets) ein tagesfüllender, entspannender Spaß für alle Altersstufen.
Wir sind in unserem Element. Alle im Team tun ihr Bestes, um den Gästen einen im positiven Sinne unvergesslichen Tag zu bereiten. Unsere Claudia veranstaltet kleine feine Schatzsuchen, Kräuter-Heidi aus Ferch veranstaltet wöchentlich ihre Kräuterwerkstatt in unserem Kräutergarten und auch die Anzahl der im Barfußpark gefeierten Geburtstage und anderer Barfuß-Erlebnisse für Gruppen ist längst wieder auf ein gutes Maß gestiegen.
Alles ist super. Bis die Raupen kommen. Fiese kleine Raupen, die in den Vorjahren stets nur sehr vereinzelt auftraten, breiten sich zu unserer Überraschung jetzt weitaus stärker aus. Wir tun, was wir in diesem Fall immer getan haben, entfernen die Tierchen und weisen unsere Gäste beim Betreten des Parks auf das Vorhandensein der Biester hin. Als der Befall zu stark wird, sperren wir die blaue Route. Als wir auch in anderen Arealen des Parks fündig werden ist uns klar, dass wir den Park sperren müssen.
Am 15. und 16. Juli gehen das Parkpflege Team und alle verfügbaren Hände gemeinsam auf die Jagd. Der Rest des Teams geht in die Krisenkommunikation. Wir sind in Emails und auf google noch nie so verhauen worden wie jetzt. Wir verstehen den Ärger und bedauern die entstandenen Probleme aufrichtig. Signalisieren uneingeschränkte Dialogbereitschaft. Doch manche Stimme vergreift sich zu unserem Erschrecken doch sehr im Ton. Traurig für uns auch, dass die erbosten Reaktionen im Netz dauerhaft sichtbar bleiben werden und unseren Bewertungsschnitt negativ beeinflussen. Und zwar auch, wenn der Juckreiz und der Ärger längst verklungen sein werden.
Wir sind Spezialisten für Wohlfühl-Pakete, Spaß und Rundum-Entspannung in einer normalerweise weitgehend freundlichen Natur. Nun stellen wir uns mit offenem Visier in einen Sturm der Entrüstung. Und kämpfen an allen Fronten weiter für eine Lösung, die unsere Gäste schützt und uns ermöglicht, den Betrieb wieder aufzunehmen.
Zusammen mit kompetenten Ansprechpartnern vom Ordnungsamt und Hygieneamt stimmen wir ab, wie wir weiter vorgehen. Am 16. Juli mittags wissen wir zum Glück mehr:
Bei den kleinen Biestern handelt sich um Kiefern-Prozessionsspinner (KPS). Keine Eichen-Prozessionsspinner (EPS). Irgendwie logisch, wir haben in unserem Mischwald ja auch deutlich mehr Kiefern als Eichen. Die KPS sehen ihren bösen Verwandten sehr ähnlich, das Toxin der KPS ist jedoch zum Glück weit weniger nachhaltig aggressiv als das der (EPS).
Dennoch.
Der Befall ist – zumindest auf der blauen Route – weiterhin da. Und bis die Dinger sich verpuppen und in Schmetterlingen werden, müssen wir die blaue Route weiterhin sperren und unsere Gäste um besondere Vorsicht bitten.
Weiter geht’s | Auf ein Neues!
Wir öffnen den Park wieder ab dem 17. Juli 2020 in Abstimmung mit den Behörden.
Da es nach wie vor in Teilen des Parks zum Auftreten von Kiefern-Prozessionsspinnern (KPS) kommt, bleibt die blaue Route vorerst gesperrt. Der Eintritt ist entsprechend reduziert.
Wir bitten Menschen mit Allergien oder anderen Autoimmunstörungen um besondere Vorsicht.
Unsere FAQ auf der Seite https://derbarfusspark.de/der-park/ haben wir um folgenden Sicherheitshinweis ergänzt:
Sicherheitshinweis zu Kiefern-Prozessionsspinnern
Auf dem Gelände des Barfußparks kommt es – begünstigt durch Veränderungen im nordeuropäischen Klima – saisonbedingt verstärkt zum Auftreten von Kiefern-Prozessionsspinnern (KPS). Der Kiefern-Prozessionsspinner (Thaumetopoea pinivora, Syn.: Traumatocampa pinivora) ist ein Schmetterling (Nachtfalter) aus der Familie der Zahnspinner (Notodontidae). Wie auch bei den anderen Prozessionsspinnern können die Brennhaare der Raupen beim Menschen bei Berührung eine Raupendermatitis, Atemnot bis hin zu allergisch bedingter Schocksymptomatik auslösen. Weitere Informationen liefert das behördliche E Merkblatt Kiefernprozessionsspinner 2020 Sobald sich die Raupen verpuppen, verschwindet die potenzielle Gefahr.
Aus gegebenem Anlass bitten wir besonders Allergiker und Menschen mit anderen Autoimmun- und Stoffwechselstörungen um besondere Vorsicht. Das 15 Hektar große Mischwald-Gelände des Naturerlebnisparks trägt den Status Gartendenkmal. Unser Parkpflege-Team bekämpft befallene Areale gewissenhaft und kontinuierlich manuell. großflächiges Besprühen mit Pestiziden ist also keine Option.
Auftretende Symptome sollten vorsichtshalber stets durch einen Hautarzt abgecheckt werden, in der Regel klingen die Beschwerden nach Verwendung lindernder Salben nach einigen Tagen ab.
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Soweit unser Zwischenfazit. Wir haben viel gelernt in den letzten Wochen und Tagen.
Wir sind gespannt, wie diese Saison nun weiter geht.
Bis zum 4. Oktober 2020 versuchen wir noch so viele Menschen wie möglich mit einem rundum gelungenen Tag im größten Naturerlebnispark Brandenburgs glücklich zu machen. Das ist unsere Mission und Berufung. Dafür stehen wir jeden Tag auf. Und machen weiter. Auch wenn wir zwischenzeitlich hart getestet und gefordert werden. Wir haben auch viel Zuspruch erhalten dieser Tage. Das gibt uns zusätzlich Kraft.
Danke, dass ihr uns die Treue haltet und weiter an uns glaubt.
Eure Beelitzer Barfüße