Qi Gong im Barfußpark | Im Gespräch mit Karen Schrumpf

Seit 2019 bietest Du Qi Gong im Barfußpark an. Wie kam es hierzu?

Meine Eltern wohnen ganz in der Nähe des Barfußparks und waren von Beginn an fast täglich dort. Meine Mutter wurde sogar schon einmal als treueste Besucherin ausgezeichnet, weil sie die meisten Besuche pro Saison zu verzeichnen hatte. Auch ich war von Anfang an begeistert von der Anlage des Geländes und vom Konzept und versuche seither, mindestens einmal pro Woche da zu sein.

Meine Mutter und ich fragten beim Inhaber an, ob wir uns mit meiner Berliner Übungsgruppe einmalig dort zum Üben treffen könnten. Darauf kam die Idee mit den Schnupperkursen. Mittlerweile nehmen auch viele Unternehmen das Angebot im Rahmen ihrer Betriebsausflüge wahr, was mich sehr freut. Qi Gong zu praktizieren ist etwas, von dem auch und gerade Menschen mit Schreibtischberufen profitieren, Kopfarbeiter:innen und alle, die im Alltag viel sitzen.

Und – wie kamst Du selbst zum Qi Gong?

Durch eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin, die der Chinesischen Medizin folgte, lernte ich die Grundlagen der Chinesischen Medizin kennen. Am meisten fasziniert mich der hohe Stellenwert der Präventionsmaßnahmen, zu denen außer Ernährung auch Qi Gong und verschiedene Regeln zur Lebensführung gehören. Obwohl mir die weichen, fließenden Übungen anfangs etwas befremdlich vorkamen – es war einfach so anders, so neu – war ich von der ersten Stunde an begeistert von dem tiefgehenden Wohlgefühl, das sich hinterher einstellte.

Zuvor war ich nach dem Sport oft erschöpft, nun fühlte ich mich zum ersten Mal anschließend deutlich kraftvoller. Nach kurzer Zeit begann ich die Ausbildung nach dem Lehrsystem Qigong Yangsheng und konnte so bei verschiedenen Übungsleiter:innen lernen. Anschließend absolvierte ich noch eine Weiterbildung mit Nei Yang Gong, in der die medizinische Anwendung vertieft wurde.

Wie einfach ist es, sich dieser Welt von Übungen zu nähern?

Qi Gong heißt übersetzt konzentriertes, regelmäßiges und beharrliches Arbeiten („Gong“) mit der Lebenskraft („Qi“). Das kann körperlich wie geistig stattfinden und dementsprechend im Stehen, Sitzen und Liegen geübt werden. Hilfreich ist es, wenn man Vorstellungsbilder annehmen und diese auf den Körper übertragen kann. Im Barfußpark üben wir im Stehen auf der hellblauen Route. Hier finden sich Stationen aus der Welt der Achtsamkeit, daher passt das wunderbar. Meine Rolle ist es, die Übungen sacht anzuleiten und darauf zu achten, dass die Übenden die richtige Haltung beherzigen. Manche Menschen finden schnell Zugang zu dieser Art der Körperarbeit, manche nicht. Also heißt es: einfach mal probieren!

Was ist besonders wichtig bei der Ausführung der Übungen?

Es gibt verschiedene Schlüsselpunkte beim Üben. Einer heißt „Unten fest, oben leicht“, d.h. wir stehen (oder sitzen) stabil, der Oberkörper ist entspannt, natürlich aufgerichtet und die Bewegungen entstehen ohne Kraft aus der Körpermitte. Das ist gar nicht so leicht!

Ein zweiter Schlüsselpunkt heißt „Ruhe und Bewegung gehören zusammen“, d.h. die Basis des Übens ist die innere Haltung der Entspannung und Heiterkeit, das sogenannte „innere Lächeln“. Das entsteht, wenn wir ganz im Moment, bei uns und mit der Aufmerksamkeit in unserer Mitte sind. Die Bewegung entsteht aus dieser Ruhe, umgekehrt unterstützen die sanften Bewegungen das Fokussieren auf die Mitte und fördern die Entspannung. Nichtsdestotrotz kann die eine oder andere Übung auch körperlich herausfordernd sein…

Mit der Zeit passt sich der Atem natürlich den Bewegungen an. Er wird regelmäßig, tiefer und die Frequenz verlangsamt sich. Viele der in Studien nachgewiesenen positiven Wirkungen des Qi Gong gehen darauf zurück, besonders im Bereich der Stressbewältigung, Bluthochdruck- und Kopfschmerzbehandlung.

Was erwartet Besucher:innen Deiner Kurse im Barfußpark? Was ist das Besondere daran, im Wald zu üben?

Im Wald zu üben ist etwas Besonderes, die Duftbotenstoffe der Bäume hellen die Stimmung auf, der Blick ins Grün entspannt Augen und Seele, der vertiefte Atem füllt uns mit Sauerstoff: Ein perfektes Auftanken der Kräfte.

Für 2021 ist ein fester Kurs mit 12 Terminen geplant. Er findet ab dem 10. Juni wöchentlich statt, immer Donnerstags um 16:30 Uhr (für alle, die regelmäßig üben und an den Feinheiten arbeiten möchten). Im Zentrum stehen die sogenannten 8 Brokate. Nach Lockerungsübungen der Gelenke und Ruheübungen werden die 8 Brokate unter Beachtung der Schlüsselpunkte Stück für Stück erarbeitet und jedes Mal die erlernten wiederholt. In diesem Kurs gibt es auch Raum für die theoretischen Grundlagen und Einblicke in die Chinesische Philosophie. Eine regelmäßige Teilnahme sollte möglich sein, zumindest bis alle Übungen einmal gründlich besprochen wurden.

Mein Barfußpark-Tag ist der Donnerstag. Jede Saison gibt es von 15:30-16:15 Uhr einen für alle offenen Termin mit verschiedensten Übungen für Schulter, Nacken und Rücken und einer Auswahl aus den 15 Ausdrucksformen des Taiji Qigong. Gegen eine kleine Unkostenbeteiligung von 5 Euro pro Teilnehmer:in ermöglicht dies Interessierten, Qi Gong einmal ganz entspannt kennenzulernen und – auch wenn sie es nicht schaffen, an einem regelmäßig stattfindenden Kurs teilzunehmen – ab und an zu üben.

Alles, was Besucher:innen mitbringen sollten, ist Freude an Bewegung und frischer Luft. Aber die haben ja ohnehin alle Freunde des Barfußparks dabei, insofern ist es wirklich toll, dass ich mit meinem Angebot diesen wunderbaren Ort einen weiteren kleinen Beitrag für allgemeines Wohlbefinden, Freude und Entspannung leisten darf.

Danke, Karen! Wir freuen uns auf die neue Saison mit dir und kommen sicher auch selbst wieder zum Üben vorbei.

 

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